10. Stadel erbaut 1335, Stallscheune erbaut 1422


Ortsbezeichnung: Aruflüe und Wigguhüs (Zem Wigguhüs)

 

Die Arufluh, die Sage vom Adler und die Steine, die erzählen

Hier sieht man einen der schönsten Stadel von Zermatt auf hohen Stelzen mit Steinplatten. Der Stadel diente zur Lagerung von Getreidegarben. Daneben steht eine Stallscheune, in der oben Heu gelagert wurde und unten das Vieh war. Von einem dritten Gebäude sind nur noch die Grundmauern (Hofstatt) zu sehen.  

 

 

Details zum Stadel und Stallscheune

Das offene Plateau unterhalb dieser Nutzbauten trägt den Namen "uf der Aroflüe". Zu diesem Ort kursierte unter Einheimischen folgende Geschichte, die Karl Lehner, Lokalhistoriker und Mundartdichter, in einem seiner Büchlein wie folgt überliefert hat: "Wenn man ins Mutt geht, sind oberhalb des Weges grosse Felsen. Dies ist die Aroflüe. Dort sollen seinerzeit ziemlich viele Adler genistet haben. Auch in den Flühen im Mutt und in den Bodmen sollen Adlernester gewesen sein. Auf der Aroflüe soll eine Familie gewohnt haben: Vater, Mutter und einige Kinder. Da, an einem Sonntag, gingen Vater und Mutter nach Zermatt in die Messe und liessen die Kinder allein. Plötzlich kam ein Adler – im Zermatter Dialekt Ari genannt – schoss von oben herab, ergriff das kaum jährige Moritzle und trug es durch die Lüfte. Er kreiste über dem Dorfe Zum See. Hier zappelte und schrie der kleine Knabe, dass selbst dem Adler angst wurde und er das Kind fallen liess oder ablegte. Es muss sich nicht arg wehgetan haben, denn man fand es unversehrt in einer Staude jämmerlich schreiend. Moritz soll später ein grosser Jäger geworden sein und manchem Adler das Lebenslicht ausgeblasen haben." (Karl Lehner „Zermatter Sagen und Legenden“ S. 17)

 

Über das Plateau uf dr Aroflüe sind ein halbes Dutzend Gebäude zerstreut. Die gemauerten Gebäude sind normale Stallscheunen. Wie es auf den Maiensässen und Alpen des Wallis häufig der Fall ist, wurden in den letzten Jahrzehnten einige dieser Bauten zu Ferienwohnungen umfunktioniert. Dies ging nicht überall ohne Agrarromantik vor sich. Den Fassaden wurde mit Sichtsteinen und anderem Zierrat ein pittoresker ‚Älplertouch' verpasst, der mit der schlichten Erscheinung der wirklich ‚echten' Gebäude nichts zu tun hat. 

 

Auf der Flur Aroflüe sieht man von weitem einen Stadel vor imposanter Kulisse. Das hochgestelzte Landwirtschaftsgebäude steht auf der Flur namens Wigguhüs – obschon hier heute kein Haus mehr steht. Der Flurname jedoch weist darauf hin, dass hier einst die Wohnstätte eines Wickart oder Wighard stand. Wighards Haus verschliff sich im Dialekt zu Wigguhüs, wie die Flurnamenforscher berichten. Auch dieser Ort inmitten eines fruchtbaren, teils flachen Geländes war im Spätmittelalter wohl bewohnt – beim Blick ins Tal sehen wir auf der etwas tieferen Ebene noch ein altes Wohnhaus.  

 

Dieses Schicksal blieb dem Stadel Wigguhüs und der neben ihm stehenden Stallscheune erspart: Sie wurden vor Jahrhunderten erbaut, blieben an Ort und Stelle stehen und erfüllten hier während Generationen ihren Zweck. 

  

Das baufällige Dach der in die Jahre gekommenen Scheune Wigguhüs wurde 2018 durch die Initiative der Kulturkommission der Gemeinde Zermatt renoviert. 

 

Die Stallscheune auf der Flur namens Wigguhüs wurde 2017 dendrochronologisch untersucht. 15 Proben wurden entnommen und die Jahrringkurven des Holzes analysiert. Dabei zeigte sich, dass der Stall und die Scheune zu zwei verschiedenen Zeiten gebaut worden waren. 

 

Das untere Geschoss, der Stall, stammt einheitlich aus dem Jahre 1383, wie fünf der Proben belegen. Der Oberteil jedoch, die Scheune mitsamt Dach und First, datiert aus dem Jahr 1576. Hier wurden also zwei Gebäudeteile zusammengesetzt. Sei es, dass sie von verschiedenen Orten hierher transportiert wurden, sei es, dass Naturgewalten das Gebäude beschädigten und es saniert wurde. 

 

Erstaunlich ist auch, dass der Stall älter ist als die Scheune, wurde doch dieser durch die Tierhaltung stärker beansprucht und musste demzufolge öfter erneuert werden.

 

Am Hang stehende Stadel wurden im Wallis hin und wieder aufgebockt. Der darunter entstandene Raum diente als zeitweiliger Arbeitsplatz oder als gedeckter Lagerraum für allerhand landwirtschaftliche Geräte, Holz oder Werkzeuge. Die Mehrheit der 2017 entnommenen Proben weist auf einen 1726 entstandenen Bau.  


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